Hellas des Nordens

Hellas des Nordens

“Ein Drittel der Leute arbeitet beim Daimler. Das zweite Drittel bei Becks und der Stadt und der Rest bringt gerade Flaschen zurück.” So beschreibt ein Bremer Kabarettist die Bevölkerung seiner Stadt. Auch wenn das überspitzt formuliert ist, enthüllt es doch ein  klein wenig von der Bremer Mentalität, die – wie nicht anders zu erwarten – am vergangenen Sonntag Rot-Grün wieder in die Ämter an der Spitze des Stadtstaates hievte.

Mit kühlem Verstand, geschweige mit dem nüchternen Abwägen der Fakten hat das nur wenig zu tun. Jede andere Landesregierung wäre angesichts der traurigen Bilanz der Hansestadt längst von den Wählerinnen und Wählern abgestraft worden. Denn Bremen ist Spitze! Die Pro-Kopf-Verschuldung ist höher als in Griechenland (nur profitiert der Stadtstaat von der Transfergemeinschaft Bundesrepublik!). Die Arbeitslosigkeit ist ebenfalls so hoch wie nirgendwo sonst in Deutschland. Die Kriminalstatistik führt den Stadtstaat ganz oben auf der Verbrechensskala. Mehr als 14 Prozent der Bremer Haushalte leben von Hartz IV und nach den Pisa-Tests flattert den Hanseaten von der Weser jedes Mal ein vernichtendes Zeugnis über ihre Bildungspolitik aus den Tisch – letzter Platz! Bremen ist das Hellas des Nordens. Die ehrenwerte FAZ geht sogar noch einen Schritt weiter und nennt das kleinste deutsche Bundesland einen “failed state “.

Warum also konnten die  SPD, die gefühlt seit den Zeiten der Stadtmusikanten  das Zepter in Bremen  schwingt, und die Grünen wieder eine Mehrheit finden. Die historisch niedrigste Wahlbeteiligung von gerade noch 56 Prozent lässt den Verdacht zu, die CDU habe sich – Abnutzung in der Bundesregierung und grüne Atom-Dividende aus Fukushima hin oder her  – die Niederlage selbst beigebracht. Offenbar konnten die Bremer Parteifreunde ihre Wähler nicht motivieren, zur Wahl zu gehen. Das hat sicher damit zu tun, dass Rot-Grün schon im Vorfeld der Wahl von Demoskopen und Medien zum Sieger ausgerufen worden war. Wer sich den Wahlkampf der CDU an der Weser aber kritisch ansieht, kommt unweigerlich zu dem Schluss, dass man es mit der hanseatischen Nobelesse auch übertreiben kann.  Aufrütteln und Motivieren sieht anders aus.

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