“DON´T POINT ON ME”ODER MISSION VER(BAER)BOCKT

“DON´T POINT ON ME”ODER MISSION VER(BAER)BOCKT

Auch wenn sich die Öffentlichkeitsarbeiter von Außenministerin Baerbock noch so mühen. Ihr Besuch in der Volksrepublik China war gemessen an allen diplomatischen Maßstäben eine mittlere Katastrophe.  Das diplomatische Parkett ist bekanntlich glatt. Annalena B. ist darauf ausgerutscht und ziemlich hart aufgeschlagen. Die deutsche Außenministerin galt schon vor ihrem Besuch in Peking als „Anti-China-Ministerin“. Sie hat nichts unterlassen, um diesen Eindruck der chinesischen Regierung zu entkräften. Ihre laute Ankündigung, sie werde dafür kämpfen, dass China seine Haltung in der Ukraine- und in der Taiwanfrage überdenkt, hat nichts bewirkt. Die Antworten ihres chinesischen Amtskollegen waren mehr als deutlich. „Was China am wenigsten braucht, ist ein Lehrmeister aus dem Westen!“ Der Satz von Außenminister Qin Gang ist, gemessen an der sonst üblichen chinesischen Höflichkeit, eine schallende Ohrfeige auf offener Bühne; – unterstrichen noch vom verweigerten Handschlag nach der gemeinsamen Pressekonferenz. Vor dem Hintergrund des vor wenigen Wochen erfolgten Besuches von Bundeskanzler Scholz dürfte die chinesische Führung nicht nur verärgert sondern auch ziemlich irritiert über den offensichtlichen Zwiespalt in der Bundesregierung sein. 

Baerbocks Fan-Club in Deutschland mag über ihre harte Ansprache von Chinas Haltung zum russischen Überfall auf die Ukraine, der Taiwan-Frage, der Menschenrechte und Demokratiedefizite jubeln. Doch täuscht das nicht darüber hinweg, dass sie ihre außenpolitische Mission im Reich der Mitte komplett ver-(Baer)bockt hat. Merke: Außenpolitik folgt nun einmal nicht westlich-, europäischen Moral- und Werte-Kategorien, sondern schon immer dem Prinzip des Pragmatismus. Der ehemalige französische Präsident Charles De Gaulle fasste das in dem bemerkenswerten Satz zusammen: „Staaten haben keine Freunde, nur Interessen!“ 

Ich erinnere mich im Zusammenhang mit der fernöstlichen Gesprächskultur gerne an einen Kollegen beim Bayerischen Rundfunk. Er lebte als Kind und Jugendlicher in Tokio. Als wir zusammen die Internationale Automobilausstellung in Frankfurt besuchten, schauten wir uns auch an den Ständen asiatischer Autohersteller um. Er hatte mir bei unserer Fahrt einiges über die fernöstliche Kultur und die Denkweise der Menschen dort erzählt. Daher wusste ich, wie man ein wenig hinter die Maske der freundlich-höflichen Menschen in Fernost schauen kann. So gilt der Gesichtsverlust, als das Schlimmste, das einem Menschen passieren kann. Ebenso neu war mir, dass Japaner und Chinesen nie „Nein“ sagen, sondern lieber auf ein „schwierig“ oder „kompliziert“ ausweichen, wenn sie ein Ansinnen ablehnen.

Bei meiner ersten Reise nach China einige Jahre später machte ich auf dem Flughafen in Hongkong eine weitere nachhaltig wirkende Erfahrung. Ich war Sprecher der CSU und begleitete Generalsekretär Erwin Huber. Er war eingeladen Shanghai und Hangzhou, eine der chinesischen Provinzhauptstädte, zu besuchen. Unser Flug ging über Honkong nach Shanghai. Wir warteten auf den Weiterflug und einer unserer Begleiter war mit den Tickets zum Checkin gegangen. Doch der Mann hinter dem Counter, ein Chinese, erklärte ihm, dass wir nicht auf der Passagierliste stünden.  Unser Begleiter wurde emotional und zeigte mit dem Finger auf ihn und sagte dabei, dass es sich bei uns um „wichtige Leute“ handle, die in Shanghai erwartet werden. Es sei seine Schuld, wenn wir nicht pünktlich dort ankommen. Der Chinese hinter dem Counter schrie empört „Don´t point on me, don´t point on me!“ Wenig später versuchten Erwin Huber und ich unser Glück. Wir brachten alle Höflichkeit auf, zu der Menschen aus Bayern fähig sind, und erklärten dem Mann, dass sicherlich ein bedauerlicher Irrtum vorliege, da unsere Weiterflüge schon vor unserem Abflug in München bestätigt worden seien. Wir überreichten ihm unsere Tickets, in die wir ein paar Dollarnoten gelegt hatten. Er suchte lange, sehr lange und bemüht in seinem Computer, fand unsere Namen letztlich doch und übergab uns schließlich unsere Bordkarten mir einer angedeuteten Verbeugung. Dieses Erlebnis war für mich ein Lehrstück in Sachen Diplomatie und Auftreten in Fernost. 

Mit Konfrontation erreicht man in China oder Japan weniger als nichts. Helmut Kohl hatte diese Erkenntnis verinnerlicht. Die Frage nach den Menschenrechten tauchte mit schöner Regelmäßigkeit vor unseren Reisen nach China bei den Presse- und Hintergrundgesprächen auf. Werde der Bundeskanzler bei seinen Gesprächen mit der chinesischen Staatsführung auch das „Thema Menschenrechte“ ansprechen? Antwort: „Der Bundeskanzler wird in seinen Gesprächen alle bilateralen Themen ansprechen.“ – ein Satz, der auch bei bohrenden Nachfragen gebetsmühlenartig wiederholt oder in Variationen dargeboten wurde. Von den meisten Journalisten wurde das als Drückebergerei verstanden. Nur einige wenige, die sich dem Thema Außenpolitik verschrieben hatten, ahnten, dass sich hinter dem Statement noch etwas verbarg. Sie wussten, dass der Bundeskanzler Listen von Amnesty International und anderen Menschenrechtsorganisationen bekommen hatte. Helmut Kohl übergab sie in den vertraulichen Gesprächen mit seinen chinesischen Gesprächspartnern. Die Politiker in Peking wussten damit, dass Deutschland das Thema Menschenrechte ernst nimmt. Sie wurden aber nicht auf offener Bühne vorgeführt. In einem Land, im dem der Begriff „Harmonie“ in bester konfuzianischer Tradition großgeschrieben wird, ist diese Art der Gespräche effektiver als Baerbocks Fraktur-Aussagen. Sie klingen zu sehr nach „am deutschen Wesen mag die Welt genesen“, wie Wilhelm II. einst tönte. An ihn hat man in China – Stichwort Niederschlagung des Boxeraufstandes im Jahr 1900! – bekanntlich nicht gerade die besten Erinnerungen.

Ein Gedanke zu „“DON´T POINT ON ME”ODER MISSION VER(BAER)BOCKT

  1. Sehr schön geschrieben! Das ist der Unterschied, ob man Politik macht, weil man Ziele erreichen und das Leben der Menschen verbessern will ODER ob man prinzipienreiterisch recht behalten möchte. Dann macht man nämlich zwangsweise Politik nur für Zeitung, Fernsehen und soziale Medien und nicht für die Mitmenschen.
    Aber das war schon immer der schwache Punkt vom linken Parteien (und je linker, je schlimmer). Lieber über den richtigen Weg zum Ziel streiten als das Ziel zu erreichen. Aber Hauptsache, man hat die richtige Meinung vertreten…

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